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Helfer im Trauerfall

Den Funken des Lebens wieder zünden

Die Trauerberatung am Malteser Hospizzentrum St. Raphael in Huckingen unterstützt Hinterbliebene nach dem Verlust eines Menschen

Als Heike Blomenkamp vor
drei Jahren völlig unerwar

tet ihre Mutter verlor, fiel sie in

ein tiefes Loch. Wie ein schwe

rer Mantel legte sich die Trau

er über ihr Gemüt. Die Zeit

verging – der Schmerz blieb.

Unvermindert. „Meine Mutter

und ich waren sehr eng mitei

nander. Nach dem Tod meines

Vaters vor zwölf Jahren habe

ich mich intensiv um sie ge

kümmert, verbrachte viel Zeit

mit ihr. Und plötzlich war sie

fort. Das hat mir den Boden

unter den Füßen weggezogen“,

berichtet sie.

Nachdem ihr Umfeld zu

nächst verständnisvoll und zu

gewandt reagiert hatte, schlug

die Anteilnahme irgendwann

in Ratlosigkeit und Ungeduld

um. „Du trauerst immer noch?

Das ist doch nicht normal“, war

eine von vielen Aussagen, die

die Duisburgerin sehr verletz

ten. Sie zog sich immer mehr

zurück, vergrub sich förmlich

in ihrem Kummer. Auch eine

Therapie verschaffte keine Lin

derung, im Gegenteil. „Meine

Therapeutin ließ immer wieder

durchblicken, dass meine Trau

er ‚krank‘ sei, das mit mir etwas

nicht stimme.“ Über das Trau

ercafé am Malteser Hospiz St.

Raphael in Huckingen erfuhr

sie schließlich vom Angebot

der Trauerberatung – gab sich

einen Ruck und vereinbarte

einen Termin. „Seit einem Jahr

bin ich nun dabei und rede mir

zweimal im Monat eine Stunde

lang alles von der Seele. Ich

bin heilfroh, dass es dieses An

gebot und die Unterstützung

durch Anke Gerstein gibt.“

Anke Gerstein ist examinier

te Palliativkrankenschwester

und seit zwei Jahren auch

Trauerbegleiterin am Malteser

Hospizzentrum St. Raphael.

Eine Tätigkeit, die ihr eine Her

zensangelegenheit ist: „Durch

meine beruflichen Erfahrun

gen wuchs mein Wunsch,

Menschen dazu zu ermutigen,

sich mit ihrer Angst vor dem

Sterben und dem Verlust ei

nes Menschen auseinander

zusetzen.“ Sie habe viele An

gehörige erlebt, die nach dem

Tod eines Nahestehenden mit

ihrem Schmerz völlig allein

gelassen wurden. Von denen

sich Freunde und Verwandte

distanzierten, weil sie nicht

wussten, wie sie damit umge

hen sollten. „Das ist dann für

die Hinterbliebenen ein dop

pelter Schlag. Denn Trauer ist

völlig normal – aber unsere

Gesellschaft hat verlernt, mit

Trauernden umzugehen. Wir

sind darauf konditioniert, zu

funktionieren und leistungs
fähig zu sein. Sterben und

Vergänglichkeit sind da nicht

vorgesehen“, so die 58-Jährige.

Darum ließ sie sich zur Ster

beamme, Trauerbegleiterin

und Heilpraktikerin für Psy

chotherapie ausbilden, denn:

„Ich möchte der Trauer einen

Raum geben.“Als Trauerbeglei

terin steht sie denen, die ihrer

Unterstützung bedürfen, lie

bevoll- professionell zur Seite:

„Ich gehe diesen Weg mit. Ich

laufe nicht vor, sondern gehe

neben den Trauernden. Den

Schmerz kann ich nicht abneh

men, wohl aber mitfühlen. In

intensiven Gesprächen versu

che ich auszuloten, über wel

che Kraftquellen der einzelne

verfügt. Und die kann ich reak

tivieren, um die Menschen zu

stärken. Aber letztlich gilt: Der

Trauernde ist der Regisseur. Er

bestimmt das Tempo und die

Themen.“

Auch Vergebungsarbeit spie

le bei der Trauerberatung eine

große Rolle. Anke Gerstein er

klärt, warum: „Wenn jemand

zum Beispiel einen kranken

Angehörigen lange Zeit ge

pflegt hat, ist es meist auch zu

Konflikten gekommen, fühlte

man sich überfordert oder hat

sogar gestritten. Das sind Si

tuationen, die die Hinterblie

benen mit Schuldgefühlen zu

rücklassen. Wir arbeiten dann

mit dem Waagschalen-Prinzip.

In die eine Schale kommt alles

Positive, das in dieser Zeitspan

ne geschehen ist, in die andere
das Negative. Meist zeigt sich
dann, dass das Gute überwiegt,

aber durch die Erinnerung an

weniger Gutes verdrängt wor

den ist. Am Ende bleibt die Er

kenntnis: ‚Ich habe sehr viel

richtig gemacht und kann mei

nen Frieden damit machen.‘

Das ist Balsam für die Seele.“

Wichtig sei es für ihre Schütz

linge außerdem, nicht nur zu

rück, sondern auch wieder

nach vorne blicken zu können.

Wieder zu lernen, das eigene

Leben positiv zu gestalten. Das

brauche seine Zeit. Heike Blo

menkamp kann das bestätigen:

„Ich war lange Zeit nicht in der

Lage, das Schlafzimmer mei

ner Mutter auszuräumen. Wie

der und wieder stand ich vor

ihrem Kleiderschrank, vor all

den persönlichen Dingen und

war wie gelähmt.“ Die Trauer

arbeit mit Anke Gerstein hätte

schließlich den Wendepunkt

eingeleitet: „Eines Tages hat

te ich die Kraft. Als ich fertig

war, war ich unheimlich stolz

und erleichtert – für mich ein

Meilenstein.“

Es soll nicht der
letzte gewesen sein. Heike Blo

menkamp tut etwas, was sie

lange Zeit nicht mehr konnte:

Sie schmiedet Zukunftspläne.

„Irgendwann möchte ich mich

ehrenamtlich engagieren, zum

Beispiel ältere Menschen un

terstützen. Noch bin ich nicht

ganz so weit, aber ich bin si

cher: das wird.“

Anke Gerstein freut das

sehr. Denn darum geht es ihr:

„Nicht nur die Trauer zu be

wältigen, sondern den Funken

des Lebens wieder zu zünden.

Das ist das Ziel.“
C. Brück

TRAUERBERATUNG AM MALTESER HOSPIZZENTRUM

Die Trauerberatung des
Malteser Hospizzentrums St.

Raphael ist Teil des Malteser

Palliativzentrums RheinRuhr

(MPZ), einem Zentrum für alle

ambulanten und stationären

palliativen Einrichtungen und

Dienstleistungen der Malteser.

Angeboten wird sie bereits

seit 1997, anfangs noch am

damaligen Standort Hamborn.

Mechthild Schulten, Gründerin

und Gesamtleiterin des

Malteser Hospizzentrums St.

Raphael, wollte seinerzeit

einen geschützten Raum

für alle schaffen, die mit der

Trauer über den Tod eines

nahestehenden Menschen

nicht allein bleiben wollten.

Die Trauerberatung wird jeden

Donnerstag angeboten und

kann nach Terminabsprache in

Anspruch genommen werden.

Darüber hinaus findet

einmal monatlich an einem

Sonntagnachmittag ein

Trauercafé
statt, das von
Ehrenamtlichen geleitet wird.

Kontakt
:
Anke Gerstein, Malteser

Hospizzentrum St. Raphael,

Remberger Straße 36, 47259

Duisburg, Tel.: 0203/6085-

20000, E-Mail: hospiz.

duisburg@malteser.org,

www.malteser-straphael.de.

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